Sonntag, 11. September 2011

Fahrgast contra Bundesstraße

Neue Wege zur Glienicker Brücke

Zeitweise sah es so aus als ob diese Potsdamer Straßenbahnstrecke die Zweite wäre, die seit der Wende eingestellt wird, nach dem Abschnitt Babelsberg - Hauptbahnhof. Der Streckenabschnitt zwischen der Kreuzung Nuthestr./Berliner Str. und Glienicker Brücke gehört nicht zu jenen Bereichen im Potsdamer Straßenbahnnetz, die überlastet sind. Das hat vielfältige Ursachen, schlechte Fahrpläne, ungünstige Haltestellenlagen und die Transformation der Berliner Vorstadt zu einem Pkw-lastigen Nobelstadtteil sind hier zu nennen. Nur noch das OSZ Gastgewerbe sorgt werktags für Auslastung auf der Linie 93. Touristisch ist die 93 ebenfalls nur von geringer Bedeutung, da sie sprichwörtlich auf der falschen Seite der Glienicker Brücke endet.

Gut gelöst: Autoverkehr und Fahrgäste kommen sich an der Schiffbauergasse kaum in die Quere. 

Vor ziemlich genau 20 Jahren, Mitte September 1991, wurden die Anlagen der Tram in der Berliner Straße zum letzten Mal umfangreich saniert. Dabei verlegte man die Einstiegshaltestelle von der Menzelstraße um einige Meter in Richtung Glienicker Brücke und fasste die Unterwegshalte entlang der Strecke in eigene Haltestelleninseln ein. Im Zuge des Ausbaus des Kulturquartiers Schiffbauergasse rückte man vor wenigen Jahren noch die entsprechende Haltestelle stadteinwärts näher an die Örtlichkeiten heran. Dabei wurde die Gleislage leicht verschwenkt und eine eigene Halstestelleninsel aufgebaut - mit entsprechend gutem Ausstattungsstandard (Haltestellenschild, dynamischer Abfahrtsanzeige, Wartehalle und Absicherung durch Ampeln). Doch die Auslastung der Tageslinie 93 konnte auch die Schiffbauergasse nicht heben.

Dienstag, 9. August 2011

Feierabend-Fahrplan vs. Fahrgäste - 1:0

Vorsicht Fahrplan! (2)

Sobald man nach 21 Uhr den großstädtischen Raum verlässt, ist man als Fahrgast in ÖPNV-Deutschland sehr schnell auf seine Füße angewiesen. Es sei denn, man verfügt über einen PKW. Der Nahverkehr in Potsdam bildet da, trotz seiner direkten Nachbarschaft zu Berlin, keine Ausnahme.

Potsdams ÖPNV, werktags um 01:10 Uhr: Ein großes Nichts.

Zwar fand vor einigen Jahren eine kleine Kulturrevolution statt, als der Betriebsstart des sog. „Nachtverkehrs“ von 21 Uhr auf 01.30 Uhr verschoben wurde. Doch ist man dabei auf halbem Weg wortwörtlich stehen geblieben bzw. hat einige der damals realisierten Verbesserungen bereits wieder gestrichen. Zwei Straßenbahnlinien des Tagesverkehrs sollen bis etwa 00:30 Uhr das Stadtgebiet mit ÖPNV versorgen. Zusätzlich irrlichtern diverse Tagesbuslinien abschnittweise und teilweise nur im Stundentakt durch die Stadt, ohne dass dahinter eine besondere Systematik geschweige denn ein Fahrgastnutzen erkennbar wäre. Prinzipiell gilt: Je später es wird, desto spärlicher und unübersichtlicher sind die Verbindungen.

Mittwoch, 29. Juni 2011

Die verflixte 99

Übereckverkehr nennt man es, wenn in einem Liniennetz, das auf Achsen ausgelegt ist, eine Linie abweicht und bestimmte Achsen direkt miteinander verknüpft, anstatt nur zu kreuzen. In Potsdam haben sich in den letzten zehn Jahren vor allem die Nord-Süd-Achse Bornstedt - Kirchsteigfeld und die Ost-West-Achse Babelsberg - Charlottenhof eingebürgert.

Seit Jahrzehnten verlässlich von Potsdam-West nach Babelsberg: Potsdams Linie "4" (heute 94) im Januar 1990. | (c) Bild: flickr/Felix O (CC BY-SA 2.0)

Die Ost-West-Achse ist die älteste noch erhaltene Linienführung der Stadt. Eine „9“ als Zähler auf ihren Straßenbahnen sahen die Potsdamer zuletzt ab 1985. Die Straßenbahn- direktverbindung zwischen Babelsberg und dem Hauptbahnhof verschwand 1992 aus dem Fahrplan und dem Stadtbild. Fast 20 Jahre später gibt es beides wieder als Übereckverkehr. Die 99 verbindet seit 2006 Babelsberg und den Hauptbahnhof bzw. den Brauhausberg, in der „Rush Hour“ wird sogar bis nach Potsdam-Süd, zum Kirchsteigfeld gefahren.

Sonntag, 29. Mai 2011

Das Problem Golm

Gemeindegebietsreformen können sich manchmal als Fluch herausstellen. Als am 26. Oktober 2003 die Gemeinde Golm von der Landeshauptstadt Potsdam einverleibt worden war, hat sich vermutlich niemand in der Potsdamer Verwaltung ausmalen können, mit welchen Problemen man im Jahr 2011 einmal kämpfen würde. Und rückblickend wird so mancher im Stadthaus vielleicht klammheimlich denken, dass es besser gewesen wäre, das „gallische Dorf“ am nordwestlichen Stadtrand den Werderanern zu überlassen. Dann müsste man jetzt nicht die fehlgeleitete Verkehrspolitik der Länder Berlin und Brandenburg ausbaden. Von den hausgemachten Problemen ganz zu schweigen. Doch man wollte seitens der Stadt Potsdam wohl die Gemeinde Golm, man wollte die Wissenschaft, man wollte den „Standort“ und jetzt hat man den Ärger.



Dass Studenten eigentlich selten mit dem Auto anreisen, dürfte bekannt sein. Es gibt im studentischen Verkehr die alte und begrüßenswerte Tradition von Fahrrad & ÖPNV. In Zeiten gesteigerten ökologischen Bewusstseins sind Studenten Vorreiter mit diesem individuellen Verkehrsmix. Ein Beispiel, dem viele Nicht-Studenten folgen. Man könnte glauben, dass eine halbwegs vernunftbegabte Verwaltung versuchen wird, diesen Vorreitern mit einem attraktiven Nahverkehrsangebot entgegen zukommen. Nicht nur, aber auch um ein mögliches Umsteigen auf den Pkw von vornherein überflüssig zu machen. Niemand der in Potsdam lebt oder arbeitet könnte bestreiten, dass Berlins kleine Schwester ein Problem mit dem Individualverkehr hat. Und von attraktivem Nahverkehr ist das Gekurve rund um die Ortschaften Golm, Eiche und den Wissenschaftscampus weit entfernt. Das Wort von den unhaltbaren Zuständen macht die Runde. Die Regionalzüge zum Bahnhof Golm sind oft überfüllt, die Busse in der Ortschaft erst recht.